Ein Wochenende in Göteborg. Schönes Fest, nette Menschen, aber zwei Tage in der Großstadt reichen dann auch. Hier im Wald fühle ich mich deutlich wohler. Ich bin wahrlich kein Stadtmensch.

Gestern Abend, vor der Sauna sitzend und die Flugkünste von Lindbergh, unserer Hausfledermaus, bewundernd, ist mir eine lustige Begebenheit zum Thema „kontrolliertes Schwitzen“ eingefallen. Letztes Jahr hatte ich mal für abends meinen schwedischen Kumpel Ronny zum gemeinsamen Saunieren eingeladen. Bewaffnet mit Dosenbier und einer größeren Anzahl „Landjäger“-Würste, die ich aus Deutschland mitgebracht hatte und die hier immer wieder für Begeisterung sorgen, gingen wir’s an. Die Schwitzhütte war von unserem Holzofen mehr als gut eingeheizt. Nichtsdestotrotz setzte ich mich natürlich auf die oberste der drei Bänke, dahin wo es am heißesten ist. Ich wollte mir vor meinem schwedischen Freund schließlich keine Blöße geben (ich merke gerade, diese Formulierung klingt im Zusammenhang mit dem Thema „Sauna“ einigermaßen unpassend), um am Ende als mitteleuropäisches Weichei abgestempelt zu werden. Schließlich gelten Schweden, Finnen und Norweger (vielleicht als einzige Nichtskandinavier noch die Russen) im übrigen – und in der Regel südlicher gelegenen – Europa als unangefochtene Weltmeister in Sachen Schwitzkultur. Also, rauf auf Stufe drei! Ronny hingegen ließ die Meinung Resteuropas im wahrsten Sinne des Wortes kalt und er ließ sich reichlich unskandinavisch auf der niedrigsten Bank nieder. Was ihn jedoch nicht daran hindern sollte, nach kurzer Zeit und im Einklang mit mir, der ich auf oberster Stufe vor mich hin garte, zu ächzen, zu stöhnen und sonstige Geräusche des Leidens auszustoßen. „Ist es zu heiß?“ fragte ich ihn. „Nein, alles ok“, war seine kaum zu verstehende, weil offensichtlich mit letzter Kraft artikulierte, Antwort. Kurz danach beendeten wir diesen ersten Durchgang und ich kühlte mich mit Wasser aus unserem Brunnen ab, das in Eimern bereitstand, ca. 7 C° warm war und das ich mir in einem großen Schwall über den Kopf schüttete. Ronny machte keine Anstalten, es mir gleichzutun. Ob er sich denn nicht abkühlen wolle, fragte ich ihn, denn schließlich hatte er ja kurz zuvor in der Sauna gelitten, als ob sein letztes Stündlein kurz bevor stünde. Nee, das sei ihm zu kalt, sagte er und nahm stattdessen einen kräftigen Schluck aus der Jever-Dose.

Drei Saunagänge später, die eine ähnliche Dramaturgie hatten, saßen wir Dosenbier trinkend und Landjäger nagend in der lauen Sommernacht vor der Saunahütte, zählten die erlegten Stechmücken und sprachen über dies und das, bis Ronny schließlich bemerkte, dass er ja noch nie verstanden habe, was die Leute am Saunieren so toll finden. Ich sah ihn erstaunt an und fragte, wie er das meine. „Na ja“, sagte er, „es ist schon verwunderlich, dass Dinge, über die man in der Regel heftig klagt, plötzlich als „schön“ empfunden werden. Jeder halbwegs normale Mensch (der Skandinavier ganz besonders) erachtet im Sommer Temperaturen über 25 C° als kaum erträglich. In der Sauna schwitzt man bei nahezu 100 C° – und findet’s „toll“. Danach schüttet man sich eiskaltes Wasser über den Leib, wo man doch beim Badeurlaub oder im Schwimmbad Wassertemperaturen unter 20 Grad als reine Zumutung betrachtet.“ Nein, das sei ihm alles zu hoch und er persönlich könne mit dem Thema Sauna wenig bis nichts anfangen – abgesehen natürlich vom nicht zu unterschätzenden geselligen Teil. Nach Ronnys „Outing“ musste ich erst mal herzhaft lachen, danach prosteten wir uns zu, nahmen einen weiteren Schluck kühlen Bieres, bissen in die knackige Wurst und genossen den lauen Sommerabend – und den „geselligen Teil“ des Saunaabends.